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Die Grenzen der Grenzenlosigkeit

Gibt es Grenzen? Wieso gibt es sie eigentlich? Beides sind Fragen, über die man nicht einfach so mal nachdenkt. Dafür gibt es gute Gründe. Es gilt es als selbstverständlich, dass es Grenzen gibt und aus dieser Selbstverständlichkeit heraus wird man ihren Grund im Kleinen zwar immer wieder hinterfragen aber im Grundsatz der Schöpfung eher nicht.  
Die Frage nach den Grenzen ist aber auch gefährlich. Was ist, wenn es keine gibt? Aber mal der Reihe nach.
Natürlich gibt es Grenzen. Es gibt die künstlichen, von uns bestimmten, die einen Raum und Rahmen definieren. Sie setzen Rahmenbedingungen, definiere Gesetze und Regeln und geben damit Orientierung und Ordnung. Doch darüber möchte ich nicht sprechen.

Sobald wir etwas definieren, setzen wir Grenzen. Um ein eigenständiges Subjet/Objekt zu definieren, müssen wir es aus dem grossen Ganzen heraus trennen, es sozusagen ausgrenzen und sichtbar, erfassbar, begreifbar machen. Wenn ich mich als eigenständigen Menschen definiere, grenze ich mich aus der Masse, aus dem grossen Ganzen heraus und begreife mich als eigenständiges Individuum. Wir verpassen uns Eigenschaften und Werte und geben uns damit zu erkennen. Nun sind wir individuell, persönlich und (an)greifbar. Die Definition eines Gegenstandes kann geistiger und materieller Art, sein. Die Definition eins Zustandes in Worten (Lauten) ist eine rein geistiger. Gefühle und Emotionen brauchen meistens einen Ausdruck in Worten (geistig) oder Gesten (körperlich), um sichtbar zu werden. Wenige haben die Gabe, die Emotionen der anderen Menschen zu spüren, wenn sie nicht mit den fünf Sinnen erfassbar sind.

Grenzen zu definieren, sich selber als materielles Wesen zu definieren und zu erschaffen (sich zu materialisieren), benötigt also einen grossen Kraftakt der Trennung aus dem grossen Ganzen heraus. Wenn ich das so betrachte und mir vorstelle, erscheint es mir als eine grosse Kunst und schwere bzw. anstrengende Aufgabe.

Was sind wir aber bevor wir Materie sind? Wenn wir möglich sind? Dann sind wir Potential. Wir sind Wahrscheinlich und bergen eine Vielfalt an unterschiedlichen Möglichkeiten. Wie klingt das für Dich? Für mich klingt es schier nach Grenzenlosigkeit. Die Grenzen sind weit, weit offen.
Wenn ich nun aber nicht nur an mich denke, sondern an die ganze sichtbare Schöpfung, ist dieses Potential dann noch grösser? Sind die Möglichkeiten noch vielfältiger? Oder gilt das, was für alles gilt an Potential, Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit auch für mich? Was ist mit dem Unsichtbaren, mit dem wir uns heute schon als tatsächliche, anerkannte Realität sehr schwer tun? Wo liegen dessen Grenzen? Oder leben wir in einer absoluten Grenzenlosigkeit? Wenn es so ist, dann ist sie absolut. Sobald wir relativ werden, sind wir in der Trennung.
Ist die Furcht und Ehrfurcht vor der Schöpfung damit zu erklären, dass wir als getrennte, definierte Wesen, deren Definition auf einem sehr beschränkten fassbaren Wissen beruht, sehr starke Angst vor der Grenzenlosigkeit haben und deswegen auch der Grenzenlosigkeit lieber Grenzen setzen, weil wir sonst völlig den Halt verlieren würden und damit verloren wären?

Es lohnt sich mal darüber nachzudenken, die Grenzen zu öffnen und mal neugierig in das Potential, die Wahrscheinlichkeiten und Möglichkeiten der Grenzenlosigkeit zu blicken.

Sieglinde Lorz


Mittwoch den 12. Oktober 2016